Abschrift: xxxxx


Lodz, den 21.1.1998

Ich, xxxxx geboren am 3. Juni 1926 in Kreis Kalisz, wohnhaft in xxxxx
xxxxx berichte von meinem Aufenthalt in Berlin sowie von dem Transport nach Berlin. Ende September 1942 wurde ich bei einer Straßenrazzia gefangen. Wir wurden im Gefängnis in Iwanowice, Kreis Kalisz, eingesperrt. Morgens brachte man uns nach Kalisz zu dem alten Gebäude des Öl- und Essigbetriebs, wo man uns ein paar Tage lang festhielt. Die Ernährung sah so aus: Einmal täglich bekamen wir dünne Kohlsuppe in 5-Liter-Eimern, ohne Löffel. Wir schliefen auf Stroh, ohne Decken, dabei waren die Nächte sehr kalt, so dass ich bis heute das damalige Frieren spüre und Rheumaschmerzen habe. Von Kalisz brachte man uns nach Poznan, wo wir nur kurz blieben. Von Poznan fuhren wir nach Frankfurt an der Oder. Dort wurden wir für längere Zeit im Lager untergebracht. Das Essen war ungenießbar: Steckrüben und angebrannter Spinat. Die Köche in Frankfurt waren Ukrainer. Dort wurden wir auch ärztlich untersucht, und man führte die Desinfektion durch. Von Frankfurt brachte man uns nach Berlin, am Westkreuz mussten wir umsteigen. Es kamen die Vertreter und brachten uns ins Lager in Staaken. Ich arbeitete in einer Baufirma im Stadtzentrum Berlins. Den Namen der Firma weiß ich nicht mehr. Sie baute Bunker in Grünau und auch im Stadtzentrum, sowie ein Gebäude bei Telefunken.

Im Herbst 1943 gab es Bedarf an 160 Personen. Unter anderen war auch ich dabei. Wir fuhren ins Lager nach Dagellow, Wustermark, Post Döberitz. Dort blieb ich bis zum Ende des Krieges und arbeitete in der Baufirma Polensky & Zöllner mit dem Sitz in Berlin. Diese Baufirma führte Bauarbeiten innerhalb der Militäranlagen aus: Wir bauten z.B. eine Empfangs- und Sendestation. ... Hinter dem Flugplatz bauten wir Bunker. Die Arbeit war sehr schwer. Ich, der 16jährige, mußte Zement und andere Baumaterialien von den Waggons abladen. Und die Ernährung war dürftig. Ein Kilo Brot teilte man für den ganzen Tag für vier Personen zu, einmal täglich gab es den Eintopf. Dafür zahlten wir 8 Mark 40 Pfennige. Die Löhne pro Woche waren unterschiedlich. Kurz vor dem Ende des Krieges, das heißt 1945, verdiente ich 63 Pfennige pro Stunde. In unseren Baracken war es sehr kalt. In einer Stube waren wir 20 Männer. Es gab Etagenbetten, Strohsäcke mit Holzwolle. An Wanzen fehlte es auch nicht. Machte man das Licht aus, so spazierten sie einem sogar im Gesicht herum. Unausgeschlafen musste man zur Arbeit gehen. Es war eine schwere Zeit. Für eine Stube wurden nur 10-15 Briketts zum Heizen ausgegeben.

Die Freizeit verbrachte ich in der Baracke. Nach Berlin durfte man nicht fahren, dafür hat der Lagerführer gesorgt. An der Bahnstation saß an der Kasse ein Gendarm aus Wustermark, der niemanden durchließ, falls derjenige nach Berlin fahren wollte. Unsere Baracken standen in der Mitte des Lagers, wobei auf der einen Seite die Baracken mit den russischen Sklaven, auf der anderen die mit Italienern standen. Sie arbeiteten auch in der Baufirma. Im April 1945 (es war der 20., Hitlers Geburtstag) bombardierten die Amerikaner den Güterbahnhof. Es war ein Bombenteppich. Unsere Baracken standen nicht weiter als 400-500 Meter davon entfernt. Es war nur Glückssache, dass man während der Luftangriffe der Briten nicht umgekommen ist.

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Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

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DZSW 1465
Kurzbeschreibung

Während einer Straßenrazzia wurde Stefan A. gefangen und zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Er war in Berlin und Brandenburg beim Bau von Bunkern eingesetzt. 

 

Herkunftsland: Polen

Geburtsjahr: 1926

 

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Angaben zur Zwangsarbeit

© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

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