Abschrift: xxxxx
Jhrg. 1933
xxxxx
Belorußland

Geehrte Gisela Wenzel und Ihre Arbeitskollegen!

Ich habe Ihren Brief erhalten, natürlich hat es mich erstaunt, ich konnte mich nicht gleich entscheiden, ob ich eine Antwort schreibe.

Ich, xxxxx, wurde am 14. April 1933 in Minsk geboren.

Vor dem Krieg habe ich die erste Klasse abgeschlossen. Am 31. März 1944 haben die Deutschen unsere Familie wegen Verbindung zu den Partisanen verhaftet, meine Mutter wurde im Todeslager Trostinez bei Minsk verbrannt, und mich hat man mit der Schwester im Mai 1944 zwangsweise nach Deutschland verschleppt.

Als wir nach Deutschland gebracht wurden, wurde mir die Nummer 2001 und der Schwester die Nummer 2002 gegeben. Wir arbeiteten in Berlin-Köpenick, Grunowstraße 17 in einer Wäscherei, ich als Hilfsarbeiter-Wäscherin. Die Wäscherei gehörte Frau xxxxx und die Leiterin war xxxxx.

Wir wurden in einem Lager neben der Wäscherei im Hof eines Hauses, das Herrn xxxxx, der uns bewachte und zur Arbeit führte, gehörte, untergebracht.

Für unsere Arbeit wurden wir nicht bezahlt, das Leben war schlecht.

Im Werk arbeiteten wir von morgens früh bis abends, und Sonntag hatten wir frei.
Im Lager war das Essen schlecht, es war schwer zu leben. In der Freizeit haben wir uns hingelegt, um uns zu erholen, Ärzte gab es keine.

Briefe schrieben wir nicht und bekamen wir nicht.

Mit der deutschen Bevölkerung verkehrten wir nicht.

Ich erinnere mich an Frau xxxxx, sie schrie mich nicht an.
Die Stadt kenne ich nicht, aber an den Platz, an dem ich arbeitete und das Lager erinnere ich mich mein ganzes Leben lang.

Befreit wurde ich von den russischen Truppen. Dokumente oder Briefe habe ich keine, aber es gibt mein Foto mit der Nummer.

Deutsche Bekannte habe ich keine.

Mit Hochachtung
xxxxx
August 1997
Unterschrift



Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt