Abschrift: Xxxxx

Erinnerungen aus der Zeit der Zwangsarbeit im 3. Reich

Nach der Kapitulation des Warschauer Aufstandes (1944 - Anm. d. Ü.) wurde ich nach Berlin über Wilhelmshagen, wo ein Übergangslager war, verschleppt. In Berlin arbeitete ich zunächst in einem Gaswerk, wo ich die Wege vor verbrannten Häusern enttrümmerte. Man musste die unterirdischen Gasleitungen freilegen und dann sicherte ein deutscher Fachmann sie, damit das Gas nicht nach außen strömte.
Nun über die Wohnbedingungen. Im Lager, wo ich wohnte, gab es etwa 1000 Personen unterschiedlicher Nationalitäten. In meiner Stube gab es 12 Etagenpritschen mit Strohsäcken, kleine Schränke und eine eklige Decke. Zum Frühstück und Abendbrot Schwarzkaffee, 100 Gramm Brot, 10 Gramm Margarine und einen Löffel Marmelade aus roten Rüben. Zu Mittag Suppe aus Wirsing - das Grünzeug ähnelte dem Spinat -, zerkochte Kartoffeln, von denen nur die Pelle in der Suppe schwamm, was ich nicht herunter kriegen konnte. Am Sonntag eine Scheibe Wurst und zu Mittag Gulasch mit echten Kartoffeln. Soweit über die Ernährung.
Nach drei Monaten wies mich der Arzt zur Arbeit in einen warmen Raum zu, das heißt ins Büro des Gaswerkes in Wedding in der Königsstraße 13, wo ich als Putzfrau arbeitete. Hier waren die Bedingungen viel besser. Sogar der Direktor aus Düsseldorf, dem ich einmal die tägliche Lebensmittelration aus dem Lager mitbrachte, wollte das nicht glauben. Er erlaubte mir, daß ich mir täglich Suppe mit der Brühe kochte, die ich für 20 Pfennige kaufte.
Am 3. Januar 1945 begannen starke Luftangriffe. Meine Arbeit wurde daher leichter, denn die Bahnstrecken wurden bombardiert und ich konnte erst dann zur Arbeit, wenn die Gleise entmint wurden. Und in ein paar Tagen wiederholte sich das gleiche. Die Trümmer fegte man beiseite. Das dauerte bis Mai.
Im östlichen Teil Berlins, wo ich wohnte, marschierten die Russen ein. Obwohl die Kämpfe noch andauerten, wollte ich gleich in meine geliebte, obgleich zerstörte Stadt Warschau zurück. Mein Rückweg war sehr schwer. Zunächst gingen wir zu Fuß und versteckten uns vor dem Militär. Nach zwei Wochen kehrte ich in meine Heimat zurück.
Da mir das Schreiben sehr schwerfällt, weil ich schwache Augen habe, bin ich nicht imstande, deutlicher zu schreiben.

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Włocławek

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DZSW 1493
Kurzbeschreibung

Stefania K. wurde im Zuge der Räumung von Warschau 1944 nach Berlin zu Enttrümmerungsarbeiten verschleppt. Nach einer ärztlichen Untersuchung erhielt sie die Zuweisung zu einer leichteren Tätigkeit als Putzkraft. 

 

Herkunftsland: Polen

 

 

 

Angaben zur Zwangsarbeit

© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

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