Abschrift: xxxxx
Jhrg. 1922
xxxxx
Ukraine


12. Februar 1998 Guten Tag, geehrte Gisela Wenzel!

Anfang Dezember 1997 habe ich von Ihnen einen Brief erhalten, der am 19. November als Antwort auf meinen Brief geschrieben worden ist. Sie haben mir und meinen Kindern zum Neuen Jahr gratuliert, haben uns Erfolge und alles Gute gewünscht. Sie haben eine Postkarte mit der Ansicht des Eingangs zum Berliner Zoo und der Aufschrift: "Gruß aus Berlin." geschickt. Dank für all das.

Sie bitten mich, mein Leben in Berlin bei General xxxxx (?) genauer zu beschreiben, und überhaupt alles, woran ich mich erinnern kann. Ich schreibe das, was ich behalten habe. Das Haus, in dem der General wohnte, befand sich Prigenaustraße (?) 25. Die Wohnung befand sich im zweiten Stock. Ein großer Korridor, der Flur, ein Gästezimmer, drei Schlafzimmer. Ich habe in einem Kämmerchen neben der Küche gelebt. Außer mir hatten sie keine Bediensteten. Bei ihnen wohnte eine Nichte - sie hat irgendwo gearbeitet. Ich habe bei ihnen gegessen. Die Tochter des Generals, xxxxx, hat auch gearbeitet (nicht weit entfernt), in einer Behörde. Manchmal hat ihre Mutter mich geschickt, ihr das Essen zu bringen. Das Übergebene wurde von der Wache entgegengenommen. Mich hat man nicht in die Behörde gelassen.

Im Erdgeschoß ihres Hauses gab es einen Lebensmittelladen. Die Frau des Generals, xxxxx (?), hat mir auf einem Papierchen aufgeschrieben, was zu kaufen war. Ich ging runter und habe Brot, Milchprodukte, Graupen, Kaffe, Tee, Mehlprodukte gekauft. Gemüse hat sie selbst auf dem Markt gekauft, und ich habe alles Gekaufte nach Hause getragen. Sie hat mir gesagt, was und wie man jeweils zu kochen hatte. Ich habe Frühstück, Mittagessen und Abendbrot gemacht. Ich habe serviert, habe alles abgeräumt und habe Geschirr gewaschen. Ich habe in der Wohnung saubergemacht, Staub gewischt. Ich habe die Teppiche auf dem Boden ausgeklopft, habe das Parkett mit Bohnerwachs eingerieben, die kleine Wäsche gewaschen. Die Bettwäsche haben sie zum Waschen weggegeben.

Der General kam einige Male in der Woche nach Hause. Wenn er mit Frau das Haus verließ, haben sie mich auch mitgenommen. Ich reichte ihnen irgendwelche Sachen (Taschentuch oder anderes). Wenn sie etwas kauften, habe ich das getragen. Wenn er zu uns kam, besuchten uns Offiziere - ohne Frauen. Davor haben ich und seine Frau Mittagessen gekocht. Ich servierte auf dem Tisch Wein, Bier, kalte Vorspeisen und warme Gerichte. Sie kleideten mich mit einem schwarzen Kleid mit weißem Kragen und weißen Manschetten und mit einer weißen Schürze.

Für einige Tage kam ihr Sohn xxxxx von der Front (nicht gleichzeitig mit dem Vater). An xxxxx Geburtstag haben wir eine Party unter seiner Teilnahme organisiert. Es waren Verwandte, Bekannte (Zivilisten) dabei, man hat getanzt.

Auf Wiedersehen xxxxx

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DZSW 1348
Kurzbeschreibung

Die 20-jährige Tatjana M. L. wurde im Mai 1942 festgenommen und nach Deutschland zur Zwangsarbeit verschleppt, wo sie zuerst als Stubenmädchen bei der Familie eines Generals, dann in der Fabrik „Mona“ tätig war.

 

Herkunftsland: Ukraine

Geburtsjahr: 1922

Angaben zur Zwangsarbeit

© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

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