Abschrift: xxxxx
Jhrg. 1924
xxxxx
Ukraine


Geehrte Gisela Wenzel!

Es wendet sich an Sie eine Einwohnerin der Ukraine, eine der "Ostarbeiterinnen", die in den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges aus der Westukraine nach Deutschland kamen.

Ich, xxxxx, wurde am 16. März 1924 im Dorf Staroje Selo, Ljubatschowski Rayon, Lwowskaja Oblast, geboren. Ich wurde am 24. Juni 1942 zwangsweise nach Deutschland zur Arbeit verschleppt. Ich war damals 17 Jahre alt. Ich habe lediglich sieben Klassen der Schule beendet, weil es keine Möglichkeit gab, das Lernen weiter fortzusetzen.

Meine Familie bestand aus 11 Menschen: Vater, fünf Töchter und fünf Söhne. Die Mutter war verstorben. Aus unserer Familie waren drei Mitglieder in Deutschland, noch ein Bruder und eine Schwester.

Ich habe in Berlin in Karlshorst, Köpenicker Allee 39, im Krankenhaus gearbeitet. Dort habe ich als Krankenpflegerin gearbeitet. Ich hatte es nicht schlecht, die Arbeit war nicht schwer, die Deutschen gingen mit mir nicht schlecht um. Es sind sogar Fotos erhalten, auf denen sowohl Deutsche als auch Ukrainer, Holländer und Tschechinnen aufgenommen sind.

Ich habe jeden Tag 12 Stunden gearbeitet, nur zweimal pro Woche hat man uns einen halben freien Tag gegeben. Was den Lohn anbetrifft, so kann ich mich nicht erinnern, ich weiß nur noch, dass man zu Silvester xxxxx Mark und eine Flasche Wein ausgegeben hat. Gewohnt habe ich im Krankenhaus. In der Freizeit bin ich zu meiner Schwester gefahren. Sie hat auch in Berlin gearbeitet. Briefe nach Hause zu schreiben hat man uns nicht verboten, man hat uns sogar Urlaub gegeben. Ich fuhr in Urlaub und von dort aus bin ich schon nicht mehr zurückgekommen, weil es sehr starke Bombenangriffe gab und es unmöglich war zurückzukehren.

Sie fragen, wie ich jetzt lebe. Ich bin Rentnerin, habe eine kleine Wirtschaft, die Rente zahlt man ein halbes Jahr lang nicht aus, der Mann kränkelt. So sieht mein Leben aus.

Danke, dass Sie sich an mich erinnert haben, ich habe mich sehr gefreut.
Schreiben Sie.
Mit Hochachtung Ihnen gegenüber xxxxx


Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

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DZSW 1347
Kurzbeschreibung

Jewdokija G. D. wurde im Juni 1942 nach Berlin verschleppt, wo sie im Krankenhaus tätig war. Gleichzeitig waren ihr Bruder und ihre Schwester in Deutschland zur Zwangsarbeit verpflichtet.

 

Herkunftsland: Ukraine

Geburtsjahr: 1924

 

Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

Angaben zur Zwangsarbeit

© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

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