Abschrift: xxxx
xxxx 3.1.1998

An Frau Gisela Wenzel

In bezug auf Ihr Schreiben ... teile ich Ihnen Folgendes mit: Als ich knapp 16 Jahre alt war, bekam ich von den deutschen Behörden die Zuweisung zur Arbeit bei einem Deutschen, Herrn Vogel, bei dem ich die Wohnung (drei Zimmer und Küche) putzte und ein Kleinkind betreute, während sie bei der Arbeit waren. Es war in der Zeit vom 23.4.1942 bis zum 9.2.1943. Die nächste Arbeitszuweisung war in die Firma Telefunken. Łódź, Łąkowa-Straße 11, wo ich vom 16.2.1943 bis zum13.7.1943 arbeitete.
Am 14. Juli 1943 wurde ich nach Berlin verschleppt, wo ich bis November 1943 bei der Herstellung von Lampen und Glühbirnen für Kraftfahrzeuge, Flugzeuge, Panzer und andere Waffenfahrzeuge arbeitete. Es war eine Akkordarbeit, 12 Stunden täglich, eine Woche in der Tag-, die nächste in der Nachtschicht.
Im November 1943 wurde die Fabrik ausgebombt und die Baracken, in denen wir wohnten, brannten nieder. Nach der Bombardierung brachte man uns mit einem Transport nicht nach Hause, nach Łódź, wie man uns sagte, aber nach Neuhaus in Thüringen, wo ich bis Ende März 1944 arbeitete.
Für fünf Monate brachte man uns zu Telefunken in Łódź, Łąkowa-Straße 11. Als sich die Ostfront (die Russen) näherte, wurde ich im Juli 1944, zusammen mit allen Maschinen wieder nach Neuhaus gebracht, wo ich bei Telefunken bis zum Kriegsende, d.h. bis Mai 1945 arbeitete.
Ich war vier Jahre alt, als meine Mutter bei der Geburt der Zwillinge starb. Die Stiefmutter war nicht gut zu mir. Ihrer Tochter gab sie Butterstullen, mir nur trockene Brotscheiben. Der Krieg brach aus, die Schule - unterbrochen. Es fehlte an Brot und Heizstoff. Dann die Arbeit, wie oben geschildert. Nach der Bombardierung in Berlin blieb ich lediglich in einem Hemd, ich schaffte es nicht, etwas mitzunehmen. Die Kleidung bekam ich von meinen Kolleginnen. Der Arbeitgeber gab nichts. Das Wohnen hinter dem Stacheldraht. Und es waren nur Mädchen von 13 bis 17 Jahre alt. Das Essen dürftig. Oft Steckrüben. In der Erbsensuppe gab es mehr Würmer als Erbsen. Die ganzen Jahre hindurch sah ich weder Milch noch Äpfel. Unbekannt blieb für uns Zahnpaste oder Zahnpulver. Keine Hygienemittel, und es waren doch heranwachsende Mädchen!!! Keine Arbeitskleidung außer Holzschuhe, die die Füße blutig rieben. Nur Baracken und Stacheldraht. Die Arbeit bei Hunger, 12 Stunden täglich. Eine Woche tags-, eine Woche nachtsüber. Akkord. Manche Meister drohten uns, erfüllen wir die Norm nicht, so sehen wir das Zuhause nicht wieder. Nach dem Krieg, nach der Rückkehr nach Polen - weiterhin das Elend. Erst nach ein paar Jahren wurde es ein bisschen besser.

Ich bin verheiratet. Im März 1997 feierten wir den 50. Jahrestag der Schließung einer glücklichen Ehe.
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Mein Mann wurde auch nach Deutschland zur Zwangsarbeit verschleppt, in der Zeit vom November 1942 bis Mai 1945.

Hochachtungsvoll

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DZSW 1395
Kurzbeschreibung

Marianna C. musste häufig ihren Arbeitsplatz wechseln. 1942 war sie als Dienstmädchen bei einer deutschen Familie tätig. 1943 verschleppt nach Berlin stellte sie unter schweren Arbeitsbedingungen Glühbirnen und Lampen für den militärischen Gebrauch her. Über Thüringen kam sie schließlich 1944 nach Łódź zurück.

 

Herkunftsland: Polen

Geburtsjahr: 1926

Angaben zur Zwangsarbeit

© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

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