Abschrift:
Xxxxx
Auf Bitte der Stiftung schildere ich meinen Aufenthalt bei der Zwangsarbeit in Deutschland in den Jahren 1942-1945.
Ich heiße xxxxx, xxxxx wurde am 30. April 1928 in Łódź geboren. Zur Zwangsarbeit wurde ich vom Lodzer Arbeitsamt eingewiesen, als ich 14 geworden bin. Es war Mai 1942. Zwei Wochen lang saßen wir in den Übergangslagern in der Kopernik- und Łąkowa-Straße in Łódź. Dann ging der Transport mit der Bahn nach Berlin (den Namen des Stadtbezirks weiß ich nicht mehr). Dort, nach dem Bad und der Desinfektion, machte man von uns Fotos mit Nummern (meine Nummer war 3048). Nach einiger Zeit wurden wir in Gruppen an Orte im Berliner Umland gebracht. Ich landete in Klausdorf. Dort gab es eine große Ziegelei. Nach drei Tagen holte mich von dort meine Chefin xxxxx ab und nahm mich nach Zossen in die Stubenrauchstraße 53 mit. Dort blieb ich bis zum Ende des Krieges.
Die Arbeit war für eine 14jährige schwer und zuviel. Meine Chefin war Witwe. Zusammen mit mir arbeitete dort ein französischer Kriegsgefangener (Moris ... ). Und wir beide arbeiteten (manchmal mit Hilfe der Chefin) auf dem Hof und im Garten (Blumen und Gemüse).
Für mich gab es keine bestimmte Arbeitszeit; der Franzose arbeitete von 7 bis 19 Uhr, dann kehrte er in seine Baracke zurück. Also ich arbeitete vom Morgengrauen bis spät in die Nacht hinein, und ging so müde schlafen, dass ich oft das Heulen der Sirenen, die den Luftalarm ankündigten, gar nicht hörte. Ich bekam keine Entlohnung, denn meine Chefin war der Meinung, wenn ich das Essen und irgendwelche Klamotten bekomme, sei alles in Ordnung, außerdem würde ich das Geld sowieso nicht brauchen. Denn wohin konnte ich gehen, wenn man mir gar nicht erlaubte auszugehen (übrigens: wann denn?) und Kontakte mit anderen Menschen zu haben.
Nach einer Weile gelang es mir mit Gottes Hilfe, meine Pflichten zu erfüllen. Es gab also keine Schubserei mehr und keine Ermahnungen: „Mach schnell!“ ( im Original - Anm. d. Ü.). Nach zwei Jahren lernte ich sehr schnell Deutsch und daher wurde es für mich ein wenig leichter. 1944 nahm mich meine Chefin nach Berlin mit; sie lieferte Blumen zu einem Blumengeschäft. Es war Charlottenburg, wohl die Goethe-Straße. In der Nähe gab es ein großes Warenhaus (Herten Haus). Ich war mit meiner Chefin auch auf dem Alexanderplatz, denn dort wohnte ihre Schwester mit ihrer Familie, xxxxx mit dem Mann xxxxx und der Tochter xxxxx. Alle kamen während der Bombardierungen um.
Berlin gefiel mir sehr gut. Aber es gab viele Zerstörungen durch die ständigen Luftangriffe. Im Winter und Frühling 1945 nahmen die Luftangriffe kein Ende. Die Chefin beschloss, nicht mehr nach Berlin zu fahren, denn sie befürchtete, sie könnte dann nicht mehr nach Zossen zurück. Es gab unverändert viel Arbeit auf dem Acker und im Garten, und ich musste bis zum Ende arbeiten, bis die russischen Truppen Berlin besetzten. Als das ganze Wirrwarr sich nach und nach legte, bat ich die Chefin, nach Hause zurückkehren zu dürfen. Nach vielen Abenteuern gelang es mir, Ende Mai nach Łódź zurückzukehren.
Unterwegs wurden wir von den russischen Truppen ausgeraubt. Nach Hause kehrte ich nur mit dem, was ich anhatte zurück. Am meisten fehlten mir die Dokumente. Ich meldete mich bei der Miliz in Łódź, wo ich anhand der Meldekarten aus der Besatzungszeit unter der alten Adresse als Rückkehrende aus Deutschland erneut angemeldet wurde.
Ich schicke Ihnen mein einziges Foto aus Deutschland, aus dem Jahr 1942, das bei meiner Familie erhielten blieb. Aber der Buchstabe „P“ ist da nicht zu sehen. Das ist in aller Kürze alles über meine Arbeit in Deutschland.
xxxxx
Mit 14 Jahren musste sich Lucja B. D. beim Arbeitsamt registrieren lassen, gleich danach erfolgte ihre Verschleppung zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich. Sie war in einem landwirtschaftlichen Betrieb tätig.
Herkunftsland: Polen
Geburtsjahr: 1928
© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt
© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt
Fotografie der ehemaligen polnischen Zwangsarbeiterin Łucja Barbara D.: Passfotografie von Łucja Barbara D.; (16.11.1942)© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt