Abschrift: Xxxxx




Sehr geehrte Frau Wenzel!



Hiermit bitte ich Sie um Hilfe in meiner Angelegenheit. Als ich 13 war, wurde ich zur Arbeit bei Telefunken in Lodz, Lakowastr. 11, gezwungen, wo ich von Februar 1943 bis 12.08.1944 gearbeitet habe. Danach wurde die ganze Werkstatt mit Ausrüstung und Arbeitern evakuiert. Die erste Etappe war Dzierzoniow (Reichenbach), wie lange ich dort gearbeitet habe kann ich mich leider nicht mehr erinnern, wahrscheinlich ca. 3-4 Wochen. Dann wurden wir nach Berlin abgeschoben. Ich kann mich an die großen Hallen, wo ich gearbeitet habe, erinnern, meine Arbeit bestand darin, in einer Form kleine Elemente aus Stahl auszupressen, man mußte das ganz vorsichtig drücken, um es nicht zu beschädigen. Das konnten nur die Kinder machen, da sie nicht soviel Kräfte haben. Die Halle, wo wir gearbeitet haben, war durch ein Netz getrennt, hinter dem russische Häftlinge in gestreifter Häftlingskleidung gearbeitet haben. Die Baracken wo wir gewohnt haben, waren in Reinickendorf Ost an der Graf Röcken Alle 42. Es hat sich in mein Gedächtnis so der Name Freitag (auf polnisch xxxxx eingeprägt, er hat sich mächtig geärgert, wenn man zu ihm xxxxx sagte. An den Namen von unserer Lagerführerin kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Ende Oktober bis Anfang November bin ich an Scharlach erkrankt. Zum Krankenhaus hat mich unsere Lagerführerin gebracht. Es war ein Kinderkrankenhaus wo nur Kinder mit ansteckenden Krankheiten waren. Ich kann mich an den Chefarzt erinnern, er hatte einen Buckel und war sehr nett. Er hat der Krankenschwester mir jeden Morgen ein Glas Milch zu geben, weil ich unterernährt war und Anämie hatte. In meinen Krankenzimmer waren auch 5-6 deutsche Mädchen. Sie hatten immer Besuch von Ihren Eltern, die auf den Hof standen und mit den Kindern durchs offene Fenster sprechen konnten. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus hatte ich noch ein paar Tage frei (Quarantäne), aber dann entfesselte sich eine Hölle auf der Erde, von Luftangriffen und Bombardierungen war kein Ende zu sehen. Wie ich Heil da rausgekommen bin, kann ich bis heute nicht fassen. Der liebe Gott hielt seine schützende Hand über mich. Ich bitte Sie höflichst, meine Papiere aus der Zeit, in der ich bei Telefunken und in Berlin gearbeitet habe, herauszufinden. Und wenn es möglich ist über meinen Aufenthalt im Krankenhaus. Ihre Adresse habe ich vom Verein ehemaliger Zwangsarbeiter bei Telefunken Lodz und im Arbeitslager Wilhelmsberg bei Ulm bekommen. Ich danke Ihnen im Voraus für erfolgreiche Erledigung meiner Angelegenheit.

Mit freundlichen Grüßen


Anlage:
Ein Auszug über Anerkennung von der Rentenversicherungsanstalt in Lodz der
Arbeitszeit bei Telefunken vom 02.09.1943-12.08.1944.

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DZSW 1521
Kurzbeschreibung

Der Arbeitseinsatz von Ludowika D. begann als sie gerade 13 Jahre alt war. Sie war für die Firma Telefunken in Łódź tätig. Im August 1944 erfolgte ihre Zwangsversetzung nach Berlin, wo sie Stahlarbeiten verrichten musste. Für feinere Arbeiten wurden Kinder eingesetzt.

 

Herkunftsland: Polen

 

 

Angaben zur Zwangsarbeit

© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

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