Abschrift: Xxxxx
Ich antworte gerne auf den Aufruf von Frau Gisela Wenzel. Meine Personaldaten: xxxxx, geboren am. 1. November 1928 in Łódź. Als ich 14 geworden bin, mußte ich mich beim Arbeitsamt registrieren lassen. Dort wies man mich einem Kurs zu, der drei Monate dauern sollte. Man befahl mir, mich am 13. April 1943 zur Ausreise zu melden. Wir wurden nach Berlin gebracht. Dort gab es das Bad und wir bekamen die Nummern. Am 15. April brachte man uns nach Hennigsdorf, wo wir in Baracken an der Havel untergebracht wurden. Am nächsten Tag führte man uns zur Fabrik AEG, wo wir arbeiten sollten. Es war eine Munitionsfabrik. Meine Arbeit war wie folgend: Zunächst zerspaltete ich den Glimmer, dann arbeitete ich am Fließband, wo man die Teile mit Leim beschmierte. Alles wurde erhitzt und wir machten den Glimmer drauf. Das war ein schrecklicher Gestank. Nach einem Monat Arbeit am Fließband wurde ich krank und blieb zwei Monate lang krankgeschrieben. Nach der Krankheit wurde ich versetzt und arbeitete an der Drehmaschine, wo ich Kanonenteile bearbeitete. Dort gab es fürchterlichen Staub. Und ich bat den Meister, mich zu versetzen. Ich ging zu einer anderen Drehmaschine, an der ich Schrauben machte und Gewinde an Muttern schnitt.
So arbeitete ich zwei Jahre lang. Die Entlohnung war sehr niedrig. In Berlin war ich ein paar Male. Der Alexanderplatz gefiel mir sehr. Dort gab es einen Rummel mit Karussells und anderen Einrichtungen. Das gefiel mir wie einem Kind. Und die Arbeit war sehr schwer für solch ein Mädchen wie mich. Ich arbeitete acht Stunden täglich, die Sonntage und Feiertage waren frei. Über die Ernährung schweigt man besser: ständig die Steckrüben, ein Stückchen Brot. Die ganze Zeit war ich hungrig. Ich habe schrecklich abgenommen, ich war nur Haut und Knochen.

Nach der Arbeit gab es die Freizeit, aber mit dem Buchstaben „P“ konnte man nirgendwo hingehen, nur in Hennigsdorf. Gingen wir woandershin, so nahmen wir den Buchstaben „P“ ab, was aber bestraft wurde, wenn sie einen erwischten. Über die ärztliche Betreuung kann ich nicht klagen. Einmal im Monat wurde in der Kirche die heilige Messe auf Polnisch gehalten. Was die Kontakte mit den Deutschen betrifft, es gab gar keine, abgesehen von dem Obermeister.
Ich wurde vom Schicksal schwer geprüft. Man trennte mich von meinen Eltern, als ich 14,5 war. Kontakte mit der Familie hatte ich nur brieflich. Nach der Befreiung kehrte ich dreckig, verlaust und verwanzt heim, da die Baracken voll davon waren. Ich war nicht gesund, litt unter Magenbeschwerden, so dass ich xxxxx

Ich schicke Ihnen ein Foto, das von mir dort gemacht wurde. Ich bin da angezeichnet.

Hochachtungsvoll
Xxxxx

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DZSW 1458
Kurzbeschreibung

Maria A.G. muss sich mit 14 Jahren beim Arbeitsamt registrieren lassen. Sie erhielt die Zuweisung zur Zwangsarbeit in die AEG-Werke, wo sie an der Herstellung von Munition tätig war. 

 

Herkunftsland: Polen

Geburtsjahr: 1928

 

Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

Angaben zur Zwangsarbeit

© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

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