Abschrift: Xxxxx

Ich, xxxxx wurde am 13. Februar 1928 in Łódź geboren. Bis zum Ausbruch des 2, Weltkrieges absolvierte ich die fünfte Klasse der Grundschule. Während der deutschen Besatzung arbeitete ich als 15jährige zwangsweise in der Firma Telefunken in der Łąkowa-Straße. Die oben erwähnte Firma wurde 1944 nach Deutschland verlagert, und ich arbeitete in Berlin, Ulm und Ludwigsburg bis zur Beendigung der Kriegshandlungen, d.h. bis Mai 1945.

In Berlin arbeitete ich bei dem Schweißen kleiner Lampen für Flugzeuge. Die Halle, in der wir arbeiteten, befand sich bei der Firma Osram. Eines Tages kam der Meister und suchte mich von den Arbeitenden aus. Ich war erschrocken, warum ich. Ein Stockwerk höher befand sich eben die Firma Osram, und ich blieb dort. Meine Arbeit bestand im Einsetzten der Glühbirnen und im Prüfen, ob sie gut sind. Ich arbeitete dort zusammen mit einer Frau, die normalerweise alleine diese Tätigkeit ausführte, und ich machte es nur dann, wenn sie nicht da war. Diese Frau war sehr sympathisch, sagte zu mir, sie sei meine Ersatzmutter, bot mir das Frühstück an, aber ich genierte mich, es anzunehmen. Ich lernte auch ihre Tochter xxxxx kennen, die auch sehr hübsch und sympathisch war, und noch eine nette Frau xxxxx

Die Lebensbedingungen waren schrecklich. Wir wohnten in einer Baracke, in der auf dem Korridor die Ratten herumliefen und die ganze Nacht lang hörte man das Knabbern dieser Nagetiere. Wir schliefen auf Etagenbetten. Aber man konnte nicht schlafen, da die ganze Nacht lang die Wanzen sich da herumtreiben, und man musste sie oft vom Gesicht entfernen. Das Essen war sehr dürftig: Suppen mit Insekten. Man konnte sich nichts kaufen, weil den Polen nichts verkaufte wurde.

Die Freizeit: das war der Weg zur Arbeit und zurück in die Baracken, dann Gebete, das Nachdenken darüber, wann das Ganze zu Ende sein wird, und das Schreiben der Briefe an die verzweifelten Eltern. Die schlimmsten Erlebnisse kamen während der Bombardierungen Berlins. Man schickte uns in die von Polen ausgehobenen Gräben, die mit Brettern zugedeckt waren (das waren unsere Luftschutzbunker). Nach diesen Bombardierungen, als die Baracken zerstört wurden, transportierte man uns nach Ulm ab. Im Dezember bekam ich einen Brief von Frau xxxxx und ein Taschentuch; es ist das einzige, was mir geblieben ist. Sie schrieb, sie habe mir ein Paket geschickt, aber ich bekam es nicht, da Ulm zu Weihnachten dem Erdboden gleich gemacht wurde. Wir verloren alles. Alles verbrannte und wir saßen halbtot in den Bunkern. Dann brachte man uns nach Ludwigsburg, und dort warteten wir auf die Befreiung, die im Mai erfolgte. Die Transporte nach Polen gingen erst später, und ich kehrte eher heim, da unsere Eltern kamen uns abzuholen.

Nach der Rückkehr aus Deutschland setzte ich meine Ausbildung fort und schloss das Studium an der Medizinischen Akademie in Łódź ab.

Als Beilage schicke ich Ihnen zwei Fotos zu: Berlin, am 8.Oktober 1944, Łódź im Jahre 1997.

Xxxxx

Łódź, den 29.1.1998

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    1. Fotografie der ehemaligen polnischen Zwansgarbeiterin Irena M.: Porträtbild von Irena Michalska; (Berlin, 08.10.1944)

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DZSW 1442
Kurzbeschreibung

Irena M. machte eine sehr nette Bekanntschaft mit einer deutschen Mitarbeiterin in den Telefunken Betrieben. Weihnachten sollte sie von ihr ein Paket erhalten, durch die Luftangriffe in Ulm kam die Sendung aber nicht an.

 

Herkunftsland: Polen

Geburtsjahr: 1928

Angaben zur Zwangsarbeit

© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

1. Fotografie der ehemaligen polnischen Zwansgarbeiterin Irena M.: Porträtbild von Irena Michalska; (Berlin, 08.10.1944)© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt