Abschrift: Xxxx

Łódź, den 16.12.1997

Als Antwort auf den Aufruf von Frau Gisela Wenzel, die Zwangsarbeit in Berlin betreffend, schicke ich Ihnen meinen kurzgefassten Bericht von meiner Verschleppung und Zwangsarbeit in den Jahren 1940-1945.

Ich wurde am 18.09.1925 in Stojanów, Wojewodschaft Poznań geboren. Bis zum Kriegsausbruch absolvierte ich die Grundschule und lebte bei meinen Eltern. Nach dem Ausbruch des Krieges begannen Verhaftungen und Verschleppungen der polnischen Bevölkerung nach Deutschland. Von unserer Familie wurde als erster mein 19jähriger Bruder xxxx verschleppt. Im November 1940 wurden ich, ein 15jähriges Mädchen, und meine 17jährige Schwester xxxx verschleppt. Man brachte uns nach Berlin, wo man uns eine Arbeit in der Flugzeugfabrik im Stadtbezirk Tempelhof zuteilte. Den vollständigen Namen dieser Fabrik weiß ich nicht mehr, aber soweit ich mich erinnern kann, wurde er uns niemals mitgeteilt. Untergebracht wurde ich in einer Baracke, ganz nahe am Flugplatz, durch den ich in die Fabrik ging. Die Baracke war in Stuben geteilt, in der jeweils acht Personen wohnten. Jede von uns bekam ein Holzbett mit Strohsack, einem Kissen und einer grauen Decke ohne Überzug. Betten und Bettzeug waren voller Wanzen.

Die Arbeit begann um 7 Uhr früh und endete je nach Bedarf der Fabrik, d.h. ich arbeitete 8,12,24 oder 36 Stunden lang. Meine Arbeit bestand in den abschließenden Tätigkeiten bei der Herstellung von Flugzeugen, besonders bei den Rädern oder Luftschrauben. Die Entlohnung betrug im ersten Jahr 50 Mark im Monat, dann bekam ich überhaupt nichts. Der Leiter der Halle, in der ich arbeitete, war xxxx ein aggressiver Mensch, der die Arbeiter oft schlug, ein Mensch, vor dem alle Angst hatten, und doch blieb man völlig hilflos gegenüber seiner schlimmer Einstellung. Der Flugzeugkontrolleur hieß mit Vornamen xxxx den Nachnamen weiß ich nicht mehr. Er verhielt sich genauso wie Herr xxxx.

Zum Frühstück und Abendbrot bekamen wir insgesamt ein kleines Brot, das wir unter acht Personen teilten, dazu ein bisschen Marmelade oder Käse. Mittagessen gab es in der Fabrik: ein paar Pellkartoffeln, ein wenig Soße und ab und zu 20 g Fleisch. Was die medizinische Versorgung betrifft, weiß ich nicht mehr, ob ich krankversichert war, aber zur Not ging ich zum Betriebsarzt. Mit meiner Familie hielt ich brieflichen Kontakt, aber nur zu Anfang, später bekam ich keine Briefe mehr. Was das religiöse Leben betrifft, gab es keine Möglichkeit, die Kirche zu besuchen, da es in der Nähe keine gab. Die Freizeit verbrachte ich in der Baracke, oder ich besuchte meinen Bruder Franek, der als viertes Kind der Familie 13jährig nach Deutschland verschleppt wurde.

1945, nachdem die Fabrik, Baracken und der Flugplatz bombardiert wurden, kehrten ich und meine Schwester Zofia nach Polen zurück. Zu dieser Zeit interessierte sich niemand mehr für uns. Nach der Rückkehr fand ich meine Eltern und Geschwister vor. Wir lebten sehr bescheiden. Den Krieg überlebten wir, aber die Folgen spüre ich bis heute. xxxx xxxx sind die Folgen des Krieges. Von uns vieren, die wir nach Deutschland verschleppt wurden, leben nur zwei. Meine Schwester xxxx xxxx

Hochachtungsvoll
xxxx

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DZSW 1419
Kurzbeschreibung

Stanislawa M. wurde gemeinsam mit ihren drei Geschwistern nach Deutschland zur Zwangsarbeit deportiert. Sie war auf dem Flughafen Johannistal bei der Herstellung von Flugzeugteilen tätig.

 

Herkunftsland: Polen

Geburtsjahr: 1925

Angaben zur Zwangsarbeit
Weitere Objekte

© Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit / Slg. Berliner Geschichtswerkstatt

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